Pro und Contra zur vorweggenommenen Erbfolge

Pro & Contra zur vorweggenommenen Erbfolge 

Es kann durchaus sinnvoll sein, Vermögenswerte wie Bargeld, Wertpapiere oder Immobilien schon zu Lebzeiten auf die Erben zu übertragen. Diese Vorgehensweise wird als vorweggenommene Erfolgfolge bezeichnet und meist geschieht dies in Form einer Schenkung.

In vielen Fällen entscheiden sich Erblasser aus steuerlichen Gründen für die vorweggenommene Erbfolge.

Steuerliche Motive sind aber nur ein Aspekt unter vielen und sollten auf keinen Fall der einzige und ausschlaggebende Grund sein. Für den Erblasser geht eine Vermögensübertragung zu Lebzeiten nämlich mit einer Prognose über seine Zukunft einher. Schließlich muss er abwägen, ob das Vermögen, das ihm bleibt, auch dann für eine solide Finanzierung seines Lebensabends ausreicht, wenn er selbst durch beispielsweise eine Erkrankung, einen Schicksalsschlag oder auch einer negativen Entwicklung seiner Geldanlagen in einen finanziellen Engpass gerät.

Gemäß § 528 BGB besteht zwar grundsätzlich ein gesetzliches Rückforderungsrecht. Demnach muss derjenige, der die Schenkung erhalten hat, dazu beitragen, dass der Erblasser in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt wieder selbst zu bestreiten. In den meisten Fällen erfolgt eine solche Rückforderung auf Veranlassung des Sozialamts, wenn der Erblasser Sozialleistungen beantragt. Allerdings besteht der gesetzliche Rückforderungsanspruch nur zehn Jahre lang.

Außerdem kann eine Rückforderung nur durchgesetzt werden, wenn von dem Vermögen noch etwas übrig ist. Wichtig ist daher, die vorweggenommene Erbfolge vertraglich zu regeln und in diesen Vertrag auch einen Rückforderungsanspruch innerhalb der ersten zehn Jahre aufzunehmen. Außerdem kann der Vertrag Regelungen zu Nutzungsvorbehalten umfassen.

Bei einer Immobilie beispielsweise können die Nutzungsvorbehalte als Nießbrauch oder als Wohnrecht gestaltet sein, die dann mit dem Tod des Erblassers erlöschen. Maßgeblich dafür, ob eine Übertragung der Vermögenswerte bereits zu Lebzeiten sinnvoll ist, sind einzig die familiären und wirtschaftlichen Verhältnisse.

Dabei sollten sowohl die aktuelle Situation als auch die künftigen Entwicklungen berücksichtigt werden. Außerdem sollten die Vor- und die Nachteile der vorweggenommenen Erbfolge sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.    

Pro zur vorweggenommenen Erbfolge

Für eine Übertragung der Vermögenswerte schon zu Lebzeiten sprechen folgende Aspekte:

·         Möglicherweise kann Streit vermieden werden.

Befürchtet der Erblasser, dass es nach seinem Tod zu Streitigkeiten zwischen den Erben kommen könnte, kann er dem zuvorkommen, indem er den Nachlass bereits zu seinen Lebzeiten regelt.

·         Das Erbe kann zu dem Zeitpunkt übertragen werden, an dem es gebraucht wird.

Sind die Erben gerade dabei, sich eine eigene Existenz aufzubauen, möchten sie eine Familie gründen oder benötigen sie Kapital, um ein Haus zu bauen oder zu kaufen, kann das Erbe hierfür eingesetzt werden. Der Nachlass ersetzt dann die Notwendigkeit, einen Kredit aufzunehmen oder sich anderweitig Fremdkapital zu beschaffen.

·         Der Erblasser kann noch reagieren.

Gibt der Erblasser sein Vermögen vor seinem Tod ab und überträgt er den Nachlass dabei schrittweise, kann er verfolgen, wie die Erben damit umgehen. Sollten die Erben das Vermögen nicht in seinem Sinne verwenden, kann er noch eingreifen, indem er eine entsprechende letztwillige Verfügung aufsetzt.

·         Ansprüche auf den Erbpflichtteil können verringert werden.

Geht der Erblasser bei der Übertragung seiner Vermögenswerte geschickt vor, kann er Ansprüche auf den Pflichterbteil oder auf Pflichtteilsergänzungen auf ein Mindestmaß reduzieren.

·         Das Erbe bleibt erhalten.

Wie sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse entwickeln werden, lässt sich generell nur abschätzen, aber nicht verbindlich planen. So können beispielsweise eine Krankheit, ein Unfall oder ein anderer Schicksalsschlag auch den Erblasser in eine schwierige finanzielle Situation bringen.

Liegt die Vermögensübertragung jedoch bereits mehr als zehn Jahre zurück, gelten die gesetzlichen Rückforderungsansprüche nicht mehr. Selbst wenn der Erblasser also Sozialleistungen beantragen muss, kann der Leistungsträger nicht mehr verlangen, dass die Vermögensübertragung rückgängig gemacht und die Vermögenswerte für die Finanzierung der Lebenshaltungskosten verwendet werden. 

·         Steuerliche Freibeträge können genutzt werden.

Vor allem wenn es um ein größeres Vermögen geht, lassen sich die Steuerfreibeträge durch eine vorweggenommene Erbfolge möglicherweise besser ausnutzen. Die Erben können dadurch ein Stück weit steuerlich entlastet werden.  

Contra zur vorweggenommenen Erbfolge

Eine Vermögensübertragung zu Lebzeiten kann sinnvoll sein und sowohl dem Erblasser als auch den Erben Vorteile bringen. Allerdings stehen diesen Vorteilen auch Nachteile gegenüber:

·         Der Erblasser verliert sein Vermögen.

Der Erblasser kann sich auch bei einer vorweggenommenen Erbfolge ein Stück weit absichern, indem er beispielsweise Nutzungsvorbehalte, einen Rückforderungsanspruch oder auch Versorgungsleistungen als Gegenleistung im Übergabevertrag regelt. Trotzdem gibt der Erblasser sein Vermögen ab.

·         Der Erblasser trägt das Risiko künftiger Entwicklungen.

Entscheidet sich der Erblasser dazu, sein Vermögen schon zu Lebzeiten auf seine Erben zu übertragen, legt er dabei bestimmte Erwartungen an die Zukunft zugrunde. So wird der Erblasser in aller Regel davon ausgehen, dass er seinen Lebensabend ohne größere Einschränkungen mit dem verbliebenen Vermögen finanzieren kann.

Außerdem wird er annehmen, dass seine Erben das Vermögen in seinem Sinne nutzen, umsichtig damit umgehen und sich die familiären Verhältnisse nicht nachteilig verändern. Das Risiko, dass die erwarteten Entwicklungen nicht eintreffen, trägt jedoch alleine der Erblasser.

·         Die vorweggenommene Erbfolge kann hohe Kosten verursachen.

Wird eine vorweggenommene Erbfolge durchgeführt, fallen je nach Art der Vermögenswerte unter anderem Notarkosten und Gebühren für Grundbucheinträge an. Diese Kosten können deutlich höher ausfallen als die Kosten, die bei einer herkömmlichen erbrechtlichen Vermögensübertragung im Todesfall entstehen.

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