Infos und Tipps zum Widerruf eines Kredits, Teil 1

Infos und Tipps zum Widerruf eines Kredits, Teil 1

Es gibt Anschaffungen oder Ausgaben, die ohne einen Kredit nicht zu stemmen sind. Doch einer Kreditaufnahme gehen in aller Regel reifliche Überlegungen voraus. So wird gerechnet, mehrere Angebote werden eingeholt und miteinander verglichen.

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Infos und Tipps zum Widerruf eines Kredits, Teil 1

Immerhin geht es bei einem Kredit oft um größere Geldbeträge und die Schulden müssen in den kommenden Jahren abbezahlt werden. Außerdem ist schon der Kreditantrag mit einigen Formalitäten verbunden.

Aber selbst wenn kaum jemand einen Kreditvertrag leichtfertig unterschreibt, kann sich die Ausgangssituation verändern. Denkbar ist zum Beispiel, dass der Kreditnehmer unerwartet zu Geld kommt und den Kredit gar nicht mehr braucht.

Oder dass er im Nachhinein ein deutlich besseres Angebot findet. Genauso ist möglich, dass er seine Pläne vorerst doch auf Eis legen will oder muss.

Jedenfalls stellt sich in solchen Situationen die Frage, ob es möglich ist, vom Kreditvertrag zurückzutreten. Und um die Antwort gleich vorwegzunehmen: Grundsätzlich kann ein Kreditvertrag meistens widerrufen werden. Allerdings muss der Kreditnehmer dabei ein paar Dinge beachten.

In einem zweiteiligen Beitrag stellen wir die wichtigsten Infos und Tipps zum Widerruf eines Kredits zusammen:

Gilt bei Krediten ein Widerrufsrecht?

Der allerwichtigste Punkt gleich zu Beginn: Bei Krediten gibt es nicht nur ein Widerrufsrecht. Vielmehr ist das Recht auf einen Widerruf sogar gesetzlich geregelt. Verankert sind die Regelungen nämlich in den §§ 495 und 355 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Dabei bezieht sich das gesetzliche Widerrufsrecht auf Kreditverträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmen zustande kommen. Ein Verbraucher im Sinne des Gesetzgebers ist der Kreditnehmer dann, wenn er den Kredit für private Zwecke aufnimmt.

Er muss das Geld also als Privatperson für private Dinge verwenden wollen. Mit der selbstständigen oder gewerblichen Berufstätigkeit des Kreditnehmers darf der Kredit nicht zusammenhängen.

Der Vertragspartner des Kreditnehmers wiederum muss ein Unternehmen sein. Und bei einem Kredit wird es sich dabei in den meisten Fällen um eine Bank handeln.

Bei welchen Krediten greift das gesetzliche Widerrufsrecht nicht?

Das gesetzliche Widerrufsrecht erfasst die sogenannten Verbraucherkredite. Dazu zählen die klassischen Kredite, die Banken an Verbraucher vergeben, also beispielsweise Ratenkredite, Autofinanzierungen oder Immobiliendarlehen. Seit März 2016 gilt das Widerrufsrecht auch bei einer Null-Prozent-Finanzierung.

Handelt es sich bei einem Darlehen aber nicht um einen Verbraucherkredit, gilt das gesetzliche Widerrufsrecht nicht.

In § 491 Abs. 2 BGB führt der Gesetzgeber sogar konkret auf, welche Kredite von einem Widerruf ausgeschlossen sind.

Demnach kann der Kreditnehmer folgende Darlehen nicht widerrufen:

  • Kleinkredite mit einer Kreditsumme bis 200 Euro

  • kostengünstige Kredite mit einer Laufzeit von höchstens drei Monaten

  • Kredite gegen Pfand; bei diesen Krediten hinterlegt der Kreditnehmer nur eine Sache als Pfand, um den Kredit abzusichern. Ein typisches Beispiel ist der Kredit von einem Pfandleihhaus.

  • Arbeitgeberdarlehen, die nur Mitarbeiter der Firma bekommen können und bei denen der effektive Jahreszins unter dem marktüblichen Niveau liegt

  • Förderdarlehen, die zu günstigen Konditionen für die Finanzierung von Bauvorhaben oder Berufsausbildungen gewährt werden

Wie lang ist die Widerrufsfrist?

Der Gesetzgeber räumt für den Widerruf von einem Kredit eine Frist von mindestens 14 Tagen ein. Innerhalb von zwei Wochen nach dem Abschluss des Kreditvertrags kann der Kreditnehmer also noch zurücktreten.

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Die Widerrufsfrist läuft gemäß § 356b BGB ab dem Zeitpunkt, in dem die Bank dem Kreditnehmer den Kreditvertrag oder vergleichbare Kreditunterlagen aushändigt.

Dass der Kreditnehmer den Kreditantrag einreicht oder den Vertrag unterschreibt, hat also nicht automatisch zur Folge, dass ab da schon die Widerrufsfrist beginnt. Vielmehr startet sie erst dann, wenn der Kreditnehmer die kompletten Kreditunterlagen vor sich hat.

Gleichzeitig müssen die Unterlagen alle wesentlichen Informationen zum Kredit enthalten. Andernfalls beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn die Bank die fehlenden Angaben ergänzt hat.

Verlängerte Widerrufsfrist

Die Widerrufsfrist bei einem Kredit beträgt immer 14 Tage. Allerdings sind diese zwei Wochen nur die Frist, die der Gesetzgeber mindestens vorschreibt. Die Bank kann die Frist freiwillig verlängern. Und tatsächlich gewähren einige Banken eine 30-tägige Widerrufsfrist als verbraucherfreundlichen Service.

Aber auch der Gesetzgeber schreibt eine verlängerte Widerrufsfrist vor. Nämlich dann, wenn die Pflichtangaben in den Kreditunterlagen nicht vollständig sind.

Zu den Pflichtangaben gehören beispielsweise die Kredithöhe, die Vertragslaufzeit, der Zinssatz oder auch, wie eine Vorfälligkeitsentschädigung bei einer vorzeitigen Tilgung berechnet wird. Fehlen Eckdaten zum Kredit, muss die Bank die Angaben vervollständigen. Erst dann beginnt die Widerrufsfrist.

Gleichzeitig verlängert sie sich auf einen Monat.

Wie muss der Kreditgeber über das Widerrufsrecht informieren?

Die Bank ist dazu verpflichtet, den Kreditnehmer in Textform über sein Widerrufsrecht zu belehren. Es reicht nicht, wenn ein Bankberater im Gespräch kurz erwähnt, dass der Kreditnehmer den Vertrag widerrufen kann.

Dass die Widerrufsbelehrung schriftlich erfolgen muss, ist in § 492 Abs. 2 BGB und Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB festgelegt.

Tatsächlich wird der Kreditnehmer in seinen Unterlagen aber gleich an mehreren Stellen auf Belehrungen zum Widerrufsrecht stoßen. Denn die Widerrufsbelehrung ist einerseits eine Klausel im Kreditvertrag und andererseits ein Punkt in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank.

Außerdem händigt die Bank zusammen mit dem Vertrag meist eine Anlage aus, die “Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite” heißt. Auch hier wird der Kreditnehmer auf das Widerrufsrecht hingewiesen.

Hat der Kreditnehmer den Kredit online abgeschlossen, schickt ihm der Kreditgeber ein Standard-Informationsblatt zu. Darin findet sich ebenfalls ein Hinweis auf das Widerrufsrecht.

Im 2. Teil schauen wir uns an, welche Folgen eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung hat, wie der Kreditnehmer den Vertrag widerrufen kann und was nach einem wirksamen Widerruf passiert.

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